PROUT EMPLOYER Deutsche Bahn

„Ich bin davon überzeugt, dass wir das Potenzial dieser Vielfalt mehr denn je brauchen, um die heute notwendige Innovationskraft zu entfalten und als Unternehmen leistungsfähiger zu werden.“

Martin Seiler ist seit dem 1. Januar 2018 Vorstand Personal und Recht der Deutschen Bahn AG. Zuvor war er in verschiedenen HR-Funktionen bei der Deutschen Telekom tätig, zuletzt ab 2015 als Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor für 70.000 Mitarbeiter der Telekom Deutschland sowie als Sprecher der Geschäftsführung der Telekom Ausbildung konzernweit für alle Auszubildenden und dualen Studenten verantwortlich. Seine berufliche Laufbahn begann er 1980 bei der Deutschen Post in Baden-Baden. Nach Stationen u. a. bei Deutscher Postgewerkschaft, wo er u. a. Mitglied des „Social Dialogue“ der Europäischen Kommission war, bzw. ver.di übernahm Seiler ab 2003 verschiedene Management Funktionen bei der Deutschen Post in Bonn.

Herr Seiler, Sie haben Ihre neue Funktion unter anderem als Personalvorstand der Deutschen Bahn AG im Januar 2018 angetreten. Einen starken Schwerpunkt Ihrer aktuellen Aufgaben legen Sie auf das Recruiting. Inwiefern glauben Sie das gerade LGBT*IQ-Talente hiervon profitieren könnten?

 

Martin Seiler: Es stimmt, wir stellen derzeit auf Rekordniveau ein: allein im vergangenen Jahr haben wir mehr als 24.000 Mitarbeitende im Konzern begrüßt. Neue Kolleg*innen, die die große Vielfalt in unserer Belegschaft weiter bereichern, in jeder Hinsicht: Alter, ethnische Herkunft, Religion, Geschlecht und auch sexuelle Orientierung. Wir schätzen diese Vielfalt und betrachten Diversity als einen Gewinn für den Konzern. Unsere aktuelle Arbeitgeberkampagne heißt „Willkommen, du passt zu uns“ und steht genau für diese Offenheit. Alle motivierten Bewerber*innen sind uns herzlich willkommen – unabhängig von sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität und ethnischer Herkunft.

Welche Aktivitäten gibt es bisher bei der Deutschen Bahn zu LGBT*IQ am Arbeitsplatz?

 

Martin Seiler: Da gibt es viele Beispiele, so waren wir Vorreiter in puncto Anerkennung der eingetragenen Lebenspartnerschaften: sämtliche Regelungen zu Vergünstigungen für Ehepartner*innen unserer Beschäftigten (z.B. Fahrvergünstigungen, Freistellungsregelungen und Beihilfen) sind auch auf eingetragene Lebenspartner*innen übertragen worden. Wir haben mit dem Betriebsrat eine Anti-Diskriminierungsvereinbarung abgeschlossen, die sowohl für die alltägliche Zusammenarbeit als auch in Bezug auf Karrierechancen gilt. Unser Anspruch ist eine Unternehmenskultur, in der Homo- und Transphobie nicht vorkommen. Deshalb bin ich sehr stolz, dass auch Mitarbeiter*innen der DB unter Germanys Top 100 Out Executives sind. Wir unterstützen unser internes LGBT-Mitarbeiternetzwerk „railbow“ und zeigen auch nach außen Flagge: seit Jahren schon beim den CSD-Paraden, und im letzten Jahr erstmals auch durch die Beflaggung des Berliner Hauptbahnhofs während der Pride-Week.

„Als Konzern mit 200.000 Mitarbeiter*innen allein in Deutschland engagieren wir uns schon seit vielen Jahren für Chancengleichheit, Wertschätzung und Respekt und als Vorstand für Personal und Recht kann ich mich immer wieder für die Vielfalt unserer Belegschaft begeistern.“

Die Deutsche Bahn ist Teil der PROUT EMPLOYER-Kooperation! Welche Ziele verfolgt die Deutsche Bahn Ihrer Einschätzung nach mit der PROUT EMPLOYER-Kooperation?

 

Martin Seiler: Durch die Mitgliedschaft bei PROUT AT WORK können wir unseren Mitarbeiter*innen konkrete und praktische Hilfestellung beim Coming Out am Arbeitsplatz und bei der Netzwerkarbeit bieten. Wir wollen ihnen Unsicherheiten nehmen, Gelegenheit zum Austausch untereinander geben und den Mut, uns auch zu spiegeln, wenn eine Sache mal nicht so gut läuft. Dank der zahlreichen Veranstaltungen und Veröffentlichungen von PROUT AT WORK können wir auch unsere Expertise zu LGBT*IQ-Themen am Arbeitsplatz ausbauen und neue Impulse innerhalb der DB weitergeben.

Mit Ihrem starken Fokus auf HR und Recruitment scheinen die Mitarbeiter*innen für Sie einen besonderen Platz zu haben. Inwiefern ist auch LGBT*IQ-Chancengleichheit für Sie eine Herzensangelegenheit?

 

Martin Seiler: Als Konzern mit 200.000 Mitarbeiter*innen allein in Deutschland engagieren wir uns schon seit vielen Jahren für Chancengleichheit, Wertschätzung und Respekt und als Vorstand für Personal und Recht kann ich mich immer wieder für die Vielfalt unserer Belegschaft begeistern. Ich bin davon überzeugt, dass wir das Potenzial dieser Vielfalt mehr denn je brauchen, um die heute notwendige Innovationskraft zu entfalten und als Unternehmen leistungsfähiger zu werden. Und nicht zuletzt profitieren unsere Kund*innen von einer offenen, wertschätzenden Kultur, in der Mitarbeiter*innen ihre sexuelle Orientierung nicht verstecken und sich am Arbeitsplatz wohlfühlen.

Lieber Herr Seiler, vielen Dank für das Gespräch!
PROUT EMPLOYER Linklaters

„Für unsere Kanzlei liegt der Vorteil auf der Hand: vielfältige Teams sind vielseitiger, kreativer und damit auch erfolgreicher.“

Dr. Sebastian Daub ist Rechtsanwalt und Partner bei Linklaters in Frankfurt am Main. Nach seinem ersten juristischen Staatsexamen absolvierte er ein LL.M-Studium in Atlanta und das Bar Exam in New York. Daraufhin wurde er zum Dr. jur. promoviert und stieg nach seinem Rechtsreferendariat als Associate bei Sullivan & Cromwell ein. Zwei Jahre später wechselte er in gleicher Funktion zu Linklaters, wo er im weiteren Verlauf zunächst Managing Associate und daraufhin zum Partner ernannt wurde. Seine Spezialisierung liegt in Private Equity, M&A und Joint Ventures sowie im Gesellschaftsrecht.

Diversity ist in den großen angelsächsischen Kanzleien lange ein Thema. Wie reagiert die Belegschaft darauf, dass jetzt auch der Fokus auf LGBT*IQ gesetzt wird?

 

Dr. Sebastian Daub: Ganz überwiegend positiv! Manche Kollegen fragen, ob das Engagement überhaupt noch erforderlich ist.  – Aus der Sicht eines hetero Mannes ist es eben mitunter schwieriger zu sehen, ob und in welcher Form LGBTs doch noch mit Vorurteilen und womöglich Diskriminierung zu kämpfen haben oder sich allein wegen der Ungewissheit, wie die Kollegen reagieren, nicht trauen, out zu sein. Um ehrlich zu sein, war es längst überfällig, dass wir neben unserem erfolgreichen Diversity Programm „Ally“ ein spezielles Netzwerk für unsere deutschen LGBT-Mitarbeiter anbieten und so ein weiteres Zeichen für Offenheit und Vielfalt setzen. Niemand soll das Gefühl haben, seine Identität verstecken zu müssen. Und für unsere Kanzlei liegt der Vorteil auf der Hand: vielfältige Teams sind vielseitiger, kreativer und damit auch erfolgreicher. Ferner hat Jean-Luc kürzlich in einem Vortrag bei uns eine Studie zitiert, wonach die Mehrheit der LGBTs ihre sexuelle Orientierung am Arbeitsplatz noch immer verschweigt und rund ein Viertel der Energie verschwendet wird, sich ein Konstrukt nach außen zurecht zu legen. Das ist erschreckend und ermutigend zugleich. Ermutigend deshalb, weil wir durch ein offenes environment offensichtlich unsere Produktivität weiter steigern können. Das überzeugt eben auch Nicht-Betroffene.

„Durch die PROUT EMPLOYER-Kooperation versprechen wir uns neue Impulse und Denkanstöße. Wir Anwälte leben ja von unseren Netzwerken und durch die Kooperation eröffnen wir ein weiteres Netzwerk und helfen unseren LGBTs, beruflich noch erfolgreicher zu sein.“

Welche Ziele verfolgen Sie mit der PROUTEMPLOYER-Kooperation?

 

Dr. Sebastian Daub: Auch wenn wir bereits ein LGBT-Netzwerk ins Leben gerufen haben, sehen wir viel Potential, das Engagement in unserer Kanzlei gegen Homo- und Transphobie weiter auszubauen und so unsere Unternehmenskultur weiter zu verbessern. Wir wollen nach innen und außen ein Signal setzen. Durch die PROUT EMPLOYER-Kooperation versprechen wir uns neue Impulse und Denkanstöße. Wir Anwälte leben ja von unseren Netzwerken und durch die Kooperation eröffnen wir ein weiteres Netzwerk und helfen unseren LGBTs, beruflich noch erfolgreicher zu sein. – Und auch hier wieder: win-win!

Welche Aktivitäten gibt es bei Linklaters zu LGBT*IQ-Diversity?

 

Dr. Sebastian Daub: Wir setzen uns bereits seit Jahren für Vielfalt in unserem Unternehmen ein. In London, New York, Tokio und anderen Standorten unserer Kanzlei haben wir bereits seit langem etablierte LGBT-Communities. In Deutschland, wo unser Netzwerk für unsere LGBT-Mitarbeiter noch recht jung ist, wollen wir es ebenfalls ausbauen und als Plattform etablieren, auf der sich Kollegen über aktuelle Themen, Veranstaltungen, news etc. updaten oder die sie einfach für einen Erfahrungsaustausch nutzen können – gerade auch für neue Kollegen, die das environment noch nicht kennen. Die Vernetzung innerhalb der Linklaters Organisation ist ebenso wichtig. Ich schaue beispielsweise gerne nach Hong Kong, wo die Organisation Community Business das Engagement unserer dortigen Kollegen letztes Jahr mit dem Silver Standard des LGBT + Index ausgezeichnet hat. Wir sind damit die erste und bislang einzige Kanzlei des Magic Circle, der der Silver Standard verliehen wurde. Da will ich in Deutschland auch hin.

Sie sind der Diversity Sponsor bei Linklaters. Warum ist es für Sie eine Herzensangelegenheit LGBT*IQ zu unterstützen?

 

Dr. Sebastian Daub: Ich habe zu viele Freunde, auch noch in meiner Generation, die mit dem Coming out hadern und darunter leiden, dass sie anders sind, als sie vorgeben zu sein. Gerade die Anwaltsbranche hinkt nach meiner Wahrnehmung der übrigen Gesellschaft da noch einen Schritt hinterher. Jede(r) von uns kann sein Potential und seine Talente aber nur ganz entfalten, wenn er/sie sich von seinem Umfeld (Kollegen wie Mandanten) akzeptiert und wertgeschätzt fühlt. Ich versuche, durch meinen Beitrag als Diversity Partner bei Linklaters einen kleinen Teil dazu beizutragen.

Wo sehen Sie die Herausforderungen zu LGBT*IQ Diversity in Ihrem Unternehmen in den kommenden Jahren?

 

Dr. Sebastian Daub: Unser Ziel ist eine Unternehmenskultur, in der die sexuelle Orientierung einfach keine Rolle spielt, weil es egal ist, ob der Kollege etc. „straight“ ist oder LGBT. Und egal eben nicht im Sinne von Ignoranz, sondern von Offenheit.  Die Herausforderung dabei ist aus meiner Sicht, dass wir durch die Diskussion, die wir zum Öffnen brauchen, nicht bei Einzelnen eine Gegenreaktion hervorrufen.

Lieber Herr Daub, vielen Dank für Ihre Zeit.